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14. Tangermünder Elbdeichmarathon
21. April 2024

Foto/Text: Michael Schardt

Man schrieb das Jahr 2008, als Mitte April der erste Tangermünder Elbdeich Marathon vom Stapel lief. Die beiden Freunde Jens Schößler und Thomas Schulze hatten die Idee schon 2006 entworfen, brauchten aber einen Vorlauf von fast zwei Jahren, um genügend Sponsoren zu finden und ein tragfähiges Konzept zu entwickeln. Man habe sie nur müde belächelt, erzählt Schößler, als man damit begonnen hatte, die Überlegungen unter die Leute zu bringen.

Niemals, so der allgemeine Tenor, wäre es möglich, eine genügend große Läuferschar nach Tangermünde, in diese strukturschwache Gegend, zu bringen. Doch allen Unkenrufen zum Trotz hielten die beiden Initiatoren an ihrem Vorhaben fest, fanden Mitstreiter und Förderer und stießen auf das Wohlwollen der Stadt und der Verwaltung.

Der Anfang
Mit einer kleinen Nummer, etwa einem 10-km-Lauf, wollte sich das agile Duo von Anfang an nicht zufrieden geben. Wir wollten das Ding groß aufziehen, erinnert sich Schößler. Wir sind bis zur Edeka-Zentrale ins entfernte Minden gefahren, um Unterstützung einzuwerben, waren der Überzeugung, dass wir eine vierstellige Teilnehmerzahl erreichen könnten. Im April 2008 war es dann soweit, der Tangermünder Elbdeich Marathon erlebte unter der organisatorischen Verantwortung des örtlichen Leichtathletikvereins TNV 94 seine Premiere und brachte (inklusive der Kinder) gleich rund 800 Läufer an den Start - trotz mächtiger Marathonkonkurrenz am gleichen Wochenende. Schon bei der zweiten Auflage erreichte die neue Veranstaltung die erhoffte vierstellige Teilnehmerzahl, womit der unbeirrbare Optimismus der Elbdeich-Marathon-Erfinder belohnt wurde.

Schon nach zwei Auflagen zogen sich Schößler und Schulze aus der vordersten Reihe der Verantwortlichen zurück, aus privaten oder beruflichen Gründen oder um die sportlichen Aufgaben im Leichtathletikverein nicht zu gefährden, in dem sie gleichfalls aktiv waren. Um die Veranstaltung weiterführen zu können, wurde 2010 der Tangermünder Marathonverein gegründet. Mit dabei war auch der damals 25-jährige Carsten Birkholz, der von Anfang an maßgeblich an dem Weitergang des Events beteiligt war und heute, zusammen mit Thomas Staudt, als Orgachef fungiert. Eine erste wichtige und notwendige Änderung erlebte die Veranstaltung mit der Verlegung aus der zu eng gewordenen Innenstadt in den Hafenbereich, der genügend Platz bot für die ständig wachsende Zahl der Teilnehmer. Nun also, 2017, konnte in Tangermünde das zehnjährige Jubiläum dieses einmalig schönen Naturmarathons gefeiert werden, wieder mit Teilnehmerrekord, wieder unter großer Konkurrenzsituation (nicht weniger als 15 Marathonläufe listet das Portal "Marathon.de" für dieses Wochenende auf), aber erstmalig mit einigen zeremoniellen Jubiläumsaktionen.

Das Besondere
Wenn man sich fragt, was die Gründe sind, dass sich ein noch recht junger Marathon so günstig entwickeln konnte, so sind wohl neben dem Ideenreichtum seiner Macher, deren organisatorischem Geschick und dem Engagement der vielen ehrenamtlichen Helfer vor allem zwei Dinge zu nennen: Die außergewöhnliche Attraktivität der geschichtsträchtigen Stadt Tangermünde und die Schönheit der Strecke an Tanger und Elbe.

Tangermünde, einst Hansestadt und Kaiserresidenz, besticht durch seine idyllische Lange an der Mündung des Tangers in die Elbe und ein homogenes Stadtbild innerhalb einer fast vollständig erhaltenen, wuchtigen Stadtmauer. Als Backsteinstolz mit Fachwerkcharme ließe sich das zauberhafte Erscheinungsbild der über 1000 Jahre alten und einstmals sehr reichen Handelsstadt bezeichnen.

Besonders schön lässt sich die Stadt vom Ufer der Elbe aus bestaunen, denn sie liegt auf einer Anhöhe und ist daher vor dem Hochwasser bestens geschützt. Andersherum hat man von der Stadt aus einen herrlich, weiten Blick auf die Elbe und die dahinterliegenden Wiesen und Auen. Das wussten auch schon die Ritter, Markgrafen und Kurfürsten, die hier im 12. Jahrhundert eine Burg bauten, um den Warenhandel auf der Elbe und anderer Handelswege zu kontrollieren und reichlich Zölle einzufahren.

Tangermünde war im Mittelalter die nördlichste Grenzmarkung des römisch-deutschen Kaiserreichs und Trutzburg gegen die slawischen Völker auf der östlichen Seite der Elbe. Daher auch der Name der Gegend: Altmark. Kaiser Karl IV (1316-1378), der auch König von Böhmen war und auf dem Prager Hradschin regierte, erwählte diesen nördlichsten Punkt seines Reiches als Nebenresidenz, womit er Tangermünde zur Kaiserstadt machte. Er liebte die Stadt so sehr, dass er fast seine gesamten letzten Jahre hier verbrachte. Für die Besucher heute ist es ein Glücksfall, dass die historische Bausubstanz, die teilweise aus dem 13. Jahrhundert stammt, in den Weltkriegen kaum zerstört wurde. Eingegangen in die Weltliteratur ist Tangermünde gleichfalls, denn kein geringerer als Theodor Fontane ("Wanderungen durch die Mark Brandenburg") hat der armen Büßerin Grete Minde ein literarisches Denkmal gesetzt. Diese wurde wegen einer wohl fälschlich ihr zugeschriebenen Brandstiftung zum grausamen Tod durch Räucherung und Fingerkappung mittels glühender Zangen verurteilt.

Nach der deutsch-deutschen Wende verringerte sich die Einwohnerzahl der Stadt dramatisch, konnte sich aber in den letzten Jahren wieder berappeln. Mehr und mehr steigt das Bewusstsein der Bevölkerung, an einem geschichtsträchtigen Ort zu wohnen. Heute will man das auch gerne anderen zeigen, insbesondere den vielen Fahrradtouristen, eine der Haupteinnahmequellen Tangermündes. Dass man hier rund 100.000 Gäste jährlich zu beherbergen hat, bedeutet, dass dies die Einwohnerzahl von knapp 10.000 Menschen um ein Zehnfaches übersteigt. Wer am Marathonwochenende hier zu nächtigen gedenkt, der muss sich schon lange vor dem Termin um eine Unterkunft bemühen, denn die Stadt ist längst vollkommen ausgebucht.

Der Aufgalopp
Der Tangermünder Elbdeich Marathon ist eine breit angelegte Veranstaltung, die sich nicht damit begnügt, an einem Morgen die angesetzten Läufe in kurzgetaktetem Modus durchzupeitschen, sondern sich ein komplettes Wochenende für ein facettenreiches Programm Zeit lässt, das sowohl die Läufer als auch die Einwohner der Stadt ansprechen und miteinbeziehen soll. Den Auftakt bildet bereits am Freitagabend ab achtzehn Uhr eine zünftige Feier im Festzelt am Hafen. Diese ist dermaßen beliebt, dass es zum Bedauern der Einheimischen und zugereisten Läufer schon lange vor dem Abend keine Karten mehr gab. Anfangs, als die Gesamtteilnehmerzahl mit 800 noch überschaubar war, hatten die Organisatoren den Zieleinlauf im historischen Zentrum der Kaiserstadt stattfinden lassen, auch weil sich viele dort angesiedelte Geschäfte als Sponsoren eingebracht hatten. Schon bald aber platzte das innerstädtische Areal aus allen Nähten, so dass man sich gezwungen sah, nach einer anderen Möglichkeit Ausschau zu halten.

Als geeigneter Platz erwies sich das Gebiet am Hafen, wo man genügend Raum für das Veranstaltungszelt, für Bier- und Wurstbuden und alle notwendige Logistik für den Lauf hatte. Die Verlagerung hatte der organisierende Elbdeich-Marathonverein, der sich zur dritten Durchführung gegründet hatte, mit einem lachenden und einem weinenden Auge getätigt, denn man hatte die einmalige historische Altstadtkulisse aufgegeben, die für eine besondere Einlaufatmosphäre sorgte. Die Befürchtung, dass sich Geschäftsleute als Förderer des Laufs zurückziehen könnten, erwies sich glücklicherweise als unbegründet.

Nun also, zur Jubiläumsausgabe, war der Kartenbedarf für die Auftaktveranstaltung so groß, dass viele Anfragen negativ beschieden werden mussten. Und das, obwohl man ein noch größeres Veranstaltungszelt aufbauen ließ, als im letzten Jahr. Maximal 1000 Karten zum Preis von fünfzehn Euro konnten aus Sicherheitsgründen ausgegeben werden, dazu noch einige Dutzend Gästekarten. Mit dem Bühnenprogramm sollte Alt und Jung angesprochen werden. Zunächst spielte eine fast dreißig Köpfe zählende Band traditionelle Blas- und Volksmusik; später trat eine fünfköpfige Rock- und Pop-Coverband auf, deren Klänge weitaus fetziger waren, als es der Bandname "Tänzchentee" würde vermuten lassen.

Ganz unsportlich sollte der Freitagabend beileibe nicht bleiben. Die Organisatoren um Orgachef Carsten Birkholz hatten sich zum Jubiläum etwas Besonderes ausgedacht, das den Titel "Zum 10. 10 mal 10 km" trug. Zehn Läufer aus zehn verschiedenen Vereinen sollten gemeinsam zehn Kilometer in den zehn unterschiedlichen, bisher zum Einsatz gekommenen Finishershirts laufen. Dies war insbesondere als ein großes Dankeschön an jene Vereine gedacht, die sich als Helfende bei der Veranstaltung eingebracht hatten. So machten sich um Punkt 18 Uhr acht Männer und zwei Frauen vom Festzelt aus auf, die offizielle 10-km-Wendepunktstrecke abzulaufen, die auch am Renntag zu absolvieren war.

Um dem Ganzen eine gewisse Aufmerksamkeit zu verleihen, gab es sogar einen Startschuss aus der Rennpistole und später, nach einer Stunde, vor großer Kulisse den Einlauf der Protagonisten ins Festzelt und auf die Bühne, fein aufgereiht in der Trikotreihenfolge der Veranstaltungen eins bis zehn. Eine Ehrentafel mit der Gravur "Zehn Jahre Elbdeich Marathon" gab es für die zehn Läufer respektive Vereine zur Erinnerung. Nach diesem Akt durften sich auch die Besucher körperlich betätigen, sprich in schweißtreibende Tanzaktionen ergehen, die sicher bis in den frühen Morgen angedauert haben dürften.

Die Fortsetzung
Am Samstagmorgen wird das Festzelt für die Läuferbelange umgerüstet. Von 15 bis 18 Uhr stehen die Startnummernausgabe an und gleichzeitig die im Startgeld inkludierte Nudelparty. Außerdem finden sich auch einige Aussteller mit Expoständen. Draußen, in einem Extrazelt, kann sich nachmelden, wer noch keinen Startplatz ergattern konnte, oder er kann sich ummelden auf eine andere Strecke. Auch das ist kein Problem. Die zeitlich gestaffelten Startgelder der drei Hauptdistanzen verteuern sich gegenüber dem ersten Zeitraum um 18 Euro. Das bedeutet beim Marathon eine Erhöhung von 27 auf 45 Euro, was immer noch eine - gemessen an den Leistungen - überaus günstige Variante ist. Beim Zehner, wo es erfahrungsgemäß die meisten Nachmelder gibt, dürften sich die Kurzentschlossenen aber genau gefragt haben, ob sie noch nachmelden wollen, denn da wurden aus ursprünglich 12 inzwischen 30 Euro, was eine Erhöhung von 250 Prozent ausmacht. Wer samstags keine Zeit hat, kann seine Startunterlagen auch noch Sonntag vor dem Rennen abholen.

Parallel zur Expo hat der Veranstalter zwei Stadtführungen organisiert, die rund neunzig Minuten dauern. Eine startet um 16 Uhr am Festzelt, die andere um 18:30 Uhr auf dem Marktplatz. Man erfährt da viel Wissenswertes über die Stadt und seine Geschichte. Nur mit der fachkundigen Stadtführerin kann man das Innere des historischen, aus dem 15. Jahrhundert stammenden Rathauses besichtigen, das heute das stadtgeschichtliche Museum beherbergt und für Trauungen genutzt werden kann. Am Samstagabend hatte der Marathonverein zudem zum Jubiläum verdiente Mitwirkende, Sponsoren und Honoratioren ins Brauhaus zu einem Essen eingeladen, wo die Entwicklung und Ereignisse der letzten zehn Jahren anhand eines Bildzusammenschnitts und einiger Interviews und Vorträge in Erinnerung gerufen wurden.

Die Marathonstrecke
Wie viele kleinere und mittlere Marathonveranstaltungen hat auch der Elbdeich Marathon mit dem Problem zu kämpfen, dass die namensgebende Distanz nur eine kleine Teilnehmerzahl findet, während die Unterdistanzen für immer neue Teilnehmerrekorde sorgen. Diesmal wurden 136 Läufer, davon 20 Frauen, im Ziel gezählt. Im Vergleich zu den Vorjahren zwar eine Steigerung, aber nur gut sechs Prozent aller Läufer. Insgesamt hatten rund 2200 Läufer gemeldet, wovon 1953 tatsächlich antraten und ins Ziel kamen. Das ist der zehnte Teilnehmerrekord in Folge und rund hundert Läufer mehr als im Vorjahr. Man hätte gerne mit dem Jubiläumsbonus die 2000er Marke geknackt, aber das klappte knapp nicht und bleibt einer späteren Auflage vorbehalten.

Die Strecke des Marathons setzt sich aus einer doppelten Halbmarathonrunde zusammen und weist pro Runde nur etwa dreißig Höhenmeter auf. Vom Hafen aus führt die Strecke zunächst fünf Kilometer über eine autofreie Landstraße bis Bölsdorf, danach geht es über asphaltierte Radwege und Feldwege zur Ortschaft Buch, wo kurz nach km zehn nach rechts auf eine vier km lange Pendelstrecke Richtung Schnelldorf abgebogen wird. Ab km vierzehn wird dann auf dem Deich bis ins Ziel gelaufen, die Elbe immer im Blick. Die letzten fünf Kilometer sind identisch mit dem später stattfindenden Zehner. Insgesamt handelt es sich um eine reine Naturstrecke, die wenig fürs Ohr aber viel fürs Auge und Muße pur bietet. Für Abwechslung sorgen die Dörfer, wo es liebevoll organisierte Eventpunkte und ein größeres Zuschaueraufkommen gibt.

Probleme macht die Strecke normalerweise nicht, außer es ist windig - und das ist es fast immer. Diesmal allerdings war nur ein Lüftchen zu spüren, das auf der ersten Hälfte von vorne kam und leicht kühlte. Der Marathon fand bei äußerlich nahezu idealen Bedingungen und knapp zwanzig Grad statt. Gegen Mittag wurde es einigen Läufern fast schon etwas zu warm.

Der Marathon
Der Lauftag wird traditionell mit einem Läufergottesdienst eröffnet, zu dem rund hundert Sportler sich einfinden. Im Gotteshaus auch anwesend war der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff. Haseloff hatte sein Kommen schon früher angekündigt, wo er gerne den Startschuss für den Marathon abfeuern wolle. Außer ihm war weitere Politprominenz an die Elbe gekommen, die der Landesvater meist im Rennen wusste. Er selbst könne leider nicht am Lauf teilnehmen, äußerte er augenzwinkernd, da einer ja den Startschuss geben müsse ...

Jens Santruschek heißt der Sieger des letztjährigen Elbdeich Marathons und zweiter der Auflage 2017. Vom Start weg hatte der hagere Mann aus dem badischen Bretten die Initiative übernommen und sich bald einen großen Vorsprung erlaufen. Dieser war bei der HM-Zwischenzeit, die auf 1:15:09h lautete, bereits auf über acht Minuten angewachsen. Als die Zuschauer im Zielbereich Santruschek das zweite Mal zu Gesicht bekamen, machte er einen niedergeschlagenen Eindruck und schleppte sich nur mühsam ins Ziel, wohlwissend, dass ein anderer ihn inzwischen passiert und den Sieg davongetragen hatte.

Dramatik im Männerrennen, Klarheit bei den Frauen
Von LaufReport auf das Geschehen angesprochen, erklärte der vereinslose 38-Jährige das mit einem Schwächeanfall in der zweiten Runde. Er habe einen Hungerast bekommen, hätte seine Beine einfach kaum noch weiterbewegen können und wollte schon aussteigen, als die Ambulanz vorbeifuhr.

Da er dieser in der Kürze kein Zeichen habe geben können, sei er weitergelaufen, um zu sehen, was geschehe. Er habe heftig vom Tempo herunter gemusst, habe sich von einem zum nächsten Kilometer geschleppt und sei immer nahe an der Aufgabe gewesen. Ehrgeiz, zu gewinnen, habe er schon gehabt, aber die Beine wollten nicht wie der Kopf. Dann sei noch aufgrund des veränderten Laufstils eine schmerzhafte Blase dazugekommen.

Bei km 41 dann zog Marco Piec vom Tangermünder LV 94 an ihm vorbei, der Morgenluft gewittert hatte, als er dem Titelverteidiger näher gekommen war. Schließlich siegte der M45er in 2:49:32h, der als Lokalmatador besonders gefeiert wurde. Santruschek kam humpelnd in 2:50:43h ins Ziel vor Marc Augustin (M35, Le Cheile AC, 3:03:58h) und Thoralf Weber (M40, Team Free Tibet, 3:07:40h). Santruschek, der bereits eine Woche Urlaub an der Elbe und damit in seiner alten Heimat machte, hätte sich bei der Zwischenzeit (1:15) gut vorstellen können, den Streckenrekord von Mario Stach (2009, 2:38:20h) zu knacken. Auf 2:26h lautet seine Bestzeit, die er bei den nächsten Deutschen Marathonmeisterschaften in Frankfurt, sein nächstes Großziel, zu erreichen hofft. Das könnte dann ein Treppchenplatz in der M35 bedeuten.

Bei den Frauen war keine Zeit von unter dreieinhalb Stunden nötig, um den Sieg davonzutragen. Die 45-jährige Dörte Ratz aus Ammersbek war bei ihrem Start-Ziel-Sieg in schnellen 1:42h (1. Runde) gestartet, um in 3:31:19h klar zu dominieren. Der Hauptklasse gehört die Vizemeisterin Svenja Gerbendorf an, die aus dem entfernten Saarland (LC Völklingen) angereist war. Sie wurde mit dreizehn Minuten Rückstand in 3:44:29h zweite vor Ariane Buhtz (W40, TSV Germania Helmstedt, 3:47:03h) und der Berlinerin Patricia Kusatz (W45, 3:49:07h). Sieben Frauen blieben unter vier Stunden, den Streckenrekord hält Nadine Grothe in 3:13:25h (2016).

Ex-Radstar Jens Voigt kann Halbmarathon
Der Halbmarathon wird zehn Minuten nach dem Marathon angeschossen. Die beiden Felder vermischen sich sehr bald, am Ende sind die langsamen Marathonis jedoch weitgehend alleine. Fast, muss man sagen, denn in Tangermünde gibt es eine Besonderheit. Da wird nach einer clownesken Kinderbespaßung am Nachmittag der Bambinilauf (400 Meter) just auf der Strecke durchgeführt, die die Marathonis kurz vor Rennende ins Ziel führt. Wer Glück hatte (Pech ist bei so viel kindlichem Elan nicht zugelassen), der durfte sich über viel Gewusel auf den letzten Metern freuen, über eine besonders große Zuschauermenge (die freilich nur zu einem geringen Anteil wegen einem selbst gekommen war) und enorm viel Begeisterung.

Der Halbmarathon der Frauen ging diesmal an Nadine Grothe, die letztjährige Siegerin des Marathons und daselbst Streckenrekordhalterin. An einer neuen Streckenbestzeit auch im Halbmarathon schrammte die 37-Jährige, die für die Altmärker Dunderklumpen läuft, nur knapp vorbei. Anne-Marie Demert war 2015 1:27:36h gelaufen, Grothe brauchte nun 1:28:58h. Dahinter kam Lokalmatadorin Doreen Gladis vom Tangermünder LV 94 auf den zweiten Platz. Der 42-Jährigen steht die Zeit von 1:32:59h zu Buche. Über Bronze in 1:33:18h durfte sich die junge Marie Weinmann (WHK, LTV Genthin) freuen.

Noch besser als Marie machte es ihr Bruder Paul Weinmann bei den Männern. Der 22-Jährige (LTV Genthin) kam mit knapp einer Minute Vorsprung ins Ziel und war nur einer von zwei Männern, die unter achtzig Minuten blieben. Er benötigte 1:18:42h. Auf den zweiten Platz kam Hagen Rossmann, schon der Altersklasse M45 angehörig, in 1:19:35h. (Wenn dessen Vereinsname, LG Wassersuppe, auf die richtige Ernährung für erfolgreiches Laufen schließen lässt, dann ist fortan wohl allen Nahrungsergänzungsmitteln der Kampf angesagt.)

Dritter wurde Andy Baake (M30) aus Zerbst in 1:21:30h. Der Streckenrekord wird gehalten von Yves Löbel in 1:12:41h und datiert aus 2013.

Ein prominenter Überraschungsgast befand sich zudem im Männerfeld, der ehemalige Radprofi, vielfache Tour-de-France-Teilnehmer und frühere Stundenweltrekordler Jens Voigt. Er habe nicht grundsätzlich seine Sportart gewechselt, gab er zu Protokoll. Aber müsse immer noch abtrainieren. Man könne auf den vielen Reisen, die er beruflich jetzt zu unternehmen habe, Laufschuhe viel besser im Koffer mitnehmen als ein Rennrad. Zum Elbdeich Marathon sei er vor allem deshalb gekommen, weil er seinem Freund Jens Wischmann, der im benachbarten Stendal wohnt, genau dieses Versprechen gegeben habe. Seine Form sei zwar nicht so toll, aber für eine Zeit von unter 1:40h sollte es doch wohl reichen, meinte Voigt vor dem Rennen. Es wurde eine Punktlandung. 1:38h für den sympathischen Radsportler.

10km: Frank Schauer mit Topleistung und 4. Sieg in Folge
Für den sportlichen Höhepunkt der Veranstaltung sorgt seit mehreren Jahren Frank Schauer. Der frühere deutsche Marathonmeister (2013) und Ex- Magdeburger startet seither für den Tangermünder Elbdeich Marathonverein, der ihm nicht nur eine sportliche Heimat bietet, sondern auch einige Sponsorenverträge besorgen konnte. Nur damit ist ihm die Finanzierung kostenintensiver Trainingslager möglich, wie etwa die letzten beiden in Südafrika zu Anfang dieses Jahres. Sein Start bei der vereinseigenen Veranstaltung über 10 km dürfte mehr als ein Dankeschön für seinen Verein sein. Vor seinem Start wurde Schauer noch eine besondere Ehre zuteil. Die Leser einer regionalen Zeitung hatten ihn zum regionalen Sportler des Jahres gewählt. Der Pokal wurde ihm während der Laufveranstaltung überreicht.

Schauer, der in zwei Wochen beim Hamburg Marathon starten wird und dort seine Bestzeit von 2:18h angreifen möchte, war beim heimischen Rennen konkurrenzlos, wie schon bei seinen drei Siegen zuvor. Er konnte zwar nicht ganz an seine Bestzeit aus 2015 (30:56min) heranlaufen, siegte aber klar in 31:18h. Diese Zeit hätte auch zum Sieg bei den parallel ausgetragenen Zehnern beim Hannover und Leipzig Marathon gereicht. Hinter Schauer machte der A-Jugendliche Toni Gehne (SC Magdeburg) ein tolles Rennen und kam in 33:39min zur Silbermedaille. Chris Heinicke (M30, LV94) erweiterte die Trophäensammlung des ausrichtenden Vereins um eine Bronzemedaille. Er wurde in 36:12min 3.

Schauer seinerseits schloss mit seinem vierten Sieg zur Rekordhalterin Franziska Lüth auf, die den Zehner von 2010 bis 2013 ebenfalls viermal gewinnen konnte und mit 39:21min auch die Streckenbestzeit inne hat. Lüth, inzwischen in Ausbildung und junge Mutter geworden, hat das Laufen vorübergehend aufgehört und das Feld anderen überlassen. Die Entscheidung der Frauen war aus sportlicher Sicht eher mäßig, dafür aber überaus spannend, denn gleich vier Läuferinnen hatten Chancen aufs Treppchen. Erreicht haben es schließlich Jean Zepernick (W40, SV Preußen Schönhausen, 43:10min), Carola Schmidt (W35, o.V, 43:13min) und Stephanie Fischer (W35, Stratec AG, 43:51min), während Janina Paul (W45, Runnerspoint Potsdam, 43:57min) nur die Blechmedaille blieb. Allesamt mit 43er Zeiten.

Stephanie Fischer, Freundin vom Marathonzweiten Jens Santruschek, ist eine, die Lüths Streckenrekord hätte brechen können, denn sie kann unter vierzig Minuten finishen. Doch hatte sie wegen einer Infektion Medikamente nehmen müssen und vom Arzt die Order auferlegt bekommen, nicht zu schnell, keinesfalls unter 45 Minuten zu laufen. Ein bisschen schneller war es dann doch, aber mehr wollte die Blondine nicht riskieren.

Zwei Streckenrekorde beim Jedermannslauf
Der Jedermannslauf beim Elbdeich Marathon heißt Minimarathon und ist nicht fünf Kilometer lang, sondern eben 4,2. Ausgetragen wird er auf der Strecke des Zehners, nur dass der Wendepunkt früher liegt. Es ist die letzte Laufveranstaltung des Tages und belebt für ein letztes Mal die Strecke für die Marathonläufer, die nach knapp fünf Stunden immer noch unterwegs sind. Der Minimarathon ist für alle Jahrgänge offen, jedoch wird eine getrennt Wertung für Jugendliche und Erwachsene durchgeführt. In gewisser Weise ersetzt er den früheren Schülerlauf, den es jetzt nicht mehr gibt. Erst 2016 wurde der Minimarathon ins Programm genommen, weshalb es nicht ganz überraschend ist, dass hier die beiden einzigen Streckenrekorde fielen.

Bei dem einen hat Vorjahressiegerin Friederieke Grobler ihre eigene Bestzeit von 18:05min nun auf 17:09min gesteigert. Die Zehnjährige vom SV Tangerhütte lief bereits hinter den besten zwei Jungs als dritte ein und verwies Malin Gladis (LV94, 17:30min) und Justeen Becker (Stendaler LV 92, 17:37min) auf die Plätze. Bei den Jungs gewann Erik Graper (SV Chemie Genthin/Kanu) mit neuer Bestmarke von 15:22min (zuvor Henning Januschewski, 17:09min) vor Kai Mordass vom SV Hövelhof in 17:01min. Fast 200 Teilnehmer hatten den läuferischen Tagesabschluss gestaltet.

Fazit
Der Elbdeich Marathon gehört nach zehn Jahren zu den beliebtesten Laufveranstaltungen des Landes und hat sich zum zweitgrößten Marathon im Norden von Sachsen-Anhalt gemausert (hinter Magdeburg). Das Preis-Leistungsverhältnis ist mit Pastaparty, After-Run-Erbsensuppe, Finishershirt und Medaille und einem enormen Rahmenprogramm kaum zu toppen. Und die Bevölkerung steht wie ein Mann hinter dem Event, was auch die Läufer in positive Schwingungen versetzt.

Sportlich wäre zweifellos noch Luft nach oben, weiß auch Orgachef Carsten Birkholz und dessen Freundin Anne Kupfer, die gleichfalls in vollem Maße involviert ist. Beide berichten von zahlreichen Anfragen von Managern kenianischer Rennställe, vor allem aus Holland. Aber da antworten wir erst gar nicht drauf, ist die Linie abgesteckt. Ich freue mich mehr über jede langsame Läuferin, die am Ende des Feldes noch das Ziel erreicht, als über einen neuen Streckenrekord, äußert sinngemäß Carsten Birkholz. "Ehrlich gesagt, ich weiß nicht mal, wie der bei uns steht. Wir haben diese früher auch mal aufgelistet, aber als dann Kritik kam wegen ein, zwei Sekunden, haben wir es aufgegeben." Seither sind die Bestwerte aus den Publikationen verschwunden.

Wir wollen etwas für die strukturarme Region machen, für die Jugend, sagt er. Wir haben ein junges Team, und wir werden wahrgenommen. Das Geld, eine mittlere sechsstellige Summe, geben wir der Veranstaltung wieder zurück. Wir sind finanziell sehr solide aufgestellt und wollen es auch weiterhin sein. So lassen sich die Aussagen des 32-Jährigen zusammenfassen. Ein Lauf zu machen von Läufern für Läufer, das ist sein Credo. Da haben Antrittsprämien keinen Platz, nicht mal finanzielle Anreize für Siege oder gute Zeiten.

"Als sie beide das Amt übernommen hätten, da seien sie selbst noch keine Läufer gewesen", lächelt Anne Kupfer. Erst später hätten sie mit Joggen angefangen, seien aber inzwischen bei vielen Volksläufen aktiv dabei. Die Annahme, wonach man schon Läufer sein muss, um erfolgreich Laufveranstaltungen übernehmen zu können, hat keine Gültigkeit. Es geht also auch umgekehrt, wie Carsten und Anne bewiesen haben.



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